
Blickpunkt Bethlehem, Nr. 61 - Wissen
Weltweit macht in der Kinderheilkunde eine neue Entzündungserkrankung von sich reden. Fachleute gehen davon aus, dass es eine Überreaktion des Immunsystems auf Viren ist, genauer gesagt auf das Corona-Virus Sars-Cov2. Auch im Caritas Baby Hospital wurden Patientinnen und Patienten mit dem Syndrom eingeliefert.
Noch hat sich kein einheitlicher Name für das neue Krankheitsbild durchgesetzt. Es ist als PIMS (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome) und MIS-C (Multisystem Inflammatory Syndrome in Children) bekannt. Die seltene Entzündungserkrankung kann verschiedene Organe betreffen. Das Syndrom zeigt sich bei Mädchen genauso wie bei Jungen, in vielen Ausprägungen und verschiedenen Schweregraden.
Folge einer symptomfreien Corona-Infektion
«Die Kinder, die zu uns gebracht werden, leiden an unterschiedlichen Beschwerden. Meistens ist hohes Fieber dabei. Hinzu kommen Hautausschlag, Durchfall, Probleme mit den Blutgefässen, starke Kopfschmerzen oder entzündete Schleimhäute», erklärt Dr. Hiyam Marzouqa. Die Chefärztin des Kinderspitals in Bethlehem weiss, dass sehr genaue Abklärungen das Wichtigste sind. Nur so lassen sich andere Erkrankungen, die ähnliche Symptome aufweisen, ausschliessen.
«Bei den Patienten, bei denen wir später PIMS festgestellt haben, vermuteten wir zuerst eine akute Corona-Infektion. Doch die Tests waren jeweils negativ», beschreibt die Ärztin weiter. «Als nächstes wurden in unserem Labor Antikörpertests durchgeführt – und die waren positiv.» Die Kinder hatten demnach alle unbemerkt eine Corona-Erkrankung durchgemacht, ohne jegliche Symptome. Das sei ein häufiges Indiz für PIMS, so die Medizinerin.
Früh erkannt, gut zu behandeln
Entscheidend für die weitere Behandlung ist zu wissen, welche Organe wie schwer betroffen sind. «Zum Glück können wir fast alle Untersuchungen hier im Spital machen, vom breit aufgestellten Labor bis zum Röntgen und Ultraschall haben wir alles im Haus.»

Yazan auf der pädiatrischen Intensivstation.
Foto: © Archiv Kinderhilfe Bethlehem
Beim 12-jährigen Yazan zum Beispiel zeigten sich Auffälligkeiten am Gehirn, sein Fieber stieg immer weiter. «Der Junge wurde auf die Intensivstation verlegt. Wir mussten eine Hirnhautentzündung ausschliessen. Auf die Gabe von intravenösem Immunglobulin sprach er rasch an.» Die weltweiten Erfahrungen belegen, dass PIMS gut behandelbar ist, wenn es rechtzeitig erkannt wird. «Das ist uns in allen Fällen gelungen und alle Kinder sind vollständig genesen», freut sich Chefärztin Marzouqa. «Jedoch sind die Behandlungen gerade bei älteren Kindern sehr kostenintensiv.» Yazan auf der pädiatrischen Intensivstation.

«Die Erkrankung ist eine Überreaktion des Immunsystems», erläutert Dr. Hiyam Marzouqa.
Foto: © Meinrad Schade